Wie schon sein erster Triumph 1998 kam auch Cuches letzter Streich nicht auf der Originalstrecke zustande. Vor zwölf Jahren hatte sich der Romand den Sieg in einer Sprint-Abfahrt in zwei Läufen geholt, diesmal auf einer um rund 45 Fahrsekunden verkürzten Strecke mit Start in der Einfahrt zur Alten Schneise. Der starke Schneefall hatte die Jury bewogen, auf Mausefalle und Steilhang zu verzichten. Deshalb wehrte sich der mit vier Kitzbüheler Abfahrtssiegen zu Buche stehende Franz Klammer noch ein bisschen, als er Cuche zum Sieg gratulierte. «Genau genommen hast Du ja auch nur viermal gewonnen, dreimal ganz und zweimal halb», sagte er scherzhaft zum Schweizer.
Doch schliesslich verneigte sich Österreichs Ski-Kaiser: «Didier hat heute verdient gewonnen. Doch auch wenn er nun alleiniger Rekordhalter ist: damit kann ich gut leben.» Applaus gab es aber nicht nur vom Kaiser. Auch der Terminator jubelte Cuche zu. Arnold Schwarzenegger sah von der VIP-Tribüne den 19. Weltcupsieg des Kitzbüheler Königs. Cuche selber hält indes wenig von Bezeichnungen wie König oder Kaiser: «Ich bin weiter Didier.»
«Rücktritt ein Jahr zu spät»
Zwei Tage nach der Bekanntgabe seines Rücktritts setzte Cuche die grosse Schweizer Serie fort. Auch im achten Speed-Rennen des Winters stand wieder zumindest einer auf dem Podium, zum sechsten Mal war der Gewinner ein Schweizer. Einen solch starken Lauf hatten die Schweizer in den letzten 20 Jahren nie mehr. Doch es brauchte schon einen Cuche, um den Angriff der Österreicher abzuwehren. Gleich zu dritt reihte sich Team Austria hinter dem Westschweizer ein, was ihrem Alpin-Direktor Hans Pum einen trockenen Spruch entlockte: «Der Cuche tritt ein Jahr zu spät zurück.» Seit Michael Walchhofer 2006 warten die ÖSV-Skirennfahrer auf den nächsten Abfahrtssieger in Kitzbühel. In dieser Zeitspanne gewann immer ein Schweizer: Viermal Cuche, einmal Didier Défago (2009).
Romed Baumann, nur rund 30 km von Kitzbühel entfernt zu Hause, kam Cuche mit 24 Hundertsteln Rückstand am nächsten. Der Tiroler wurde wie schon in der Vorsaison in Val Gardena Zweiter. Gewonnen hat er in der Abfahrt noch nie, im Gegensatz zu Klaus Kröll, der diesmal als Dritter Joachim Puchner knapp vom Podest verdrängte.
Einmal mehr schuf Cuche die Differenz zur Konkurrenz auf dem untersten Abschnitt ab der Hausbergkante. Dort, in der Traverse und der Einfahrt in den Zielschuss, fuhr Cuche bestechend. «Ich habe es gut getroffen, wie schon im Abschlusstraining», durfte er feststellen. Hier fuhr der Neuenburger Bestzeit. Bei der letzten Zwischenzeit hatte er nur an 5. Stelle gelegen. Allerdings kam ihm auf diesem Sektor einer ganz nahe. Lauberhorn-Sieger Beat Feuz fuhr den Schlussteil nur zwei Hundertstel langsamer als Cuche, doch der Emmentaler lag schon oben weit zurück. Feuz hatte unmittelbar nach dem mehrminütigen Werbe-Unterbruch auf die Strecke gehen müssen, was sich im flachen Gelände besonders nachteilig auswirkte.
Verkühlter Feuz ganz cool
Feuz belegte letztlich Platz 6, womit er die Führung im Abfahrts-Weltcup verteidigte. 23 Punkte liegt er vor Cuche, 35 vor Kröll. Unzufrieden war er jedenfalls nicht: «Ich habe mir im Video die Linie angeschaut, die Cuche im Training gefahren war. Und dieser Abschnitt ist mir dann auch gut gelungen. Oben allerdings fühlte ich mich im Neuschnee weniger wohl. Ich kann aber auch nicht erwarten, jedes Mal auf dem Podest zu sein.» Am Morgen hatte er sich noch sehr schlecht gefühlt. Der Husten war über Nacht stärker geworden, weshalb er sich nach der Besichtigung nochmals ins Hotel zurückzog und sich für eine Stunde Schlaf ins Bett legte. Welch cooler Kerl, der dies so kurz vor einem Rennen kann.
Der Rest der Schweizer Mannschaft sah sich geschlagen. Drittbester Schweizer war als 17. der Engelberger Marc Gisin, der ein weiteres Mal Pech mit seiner Startnummer hatte. Bisher zog er immer Nummern über 22, doch im Kitzbüheler Neuschnee-Rennen musste er mit der 1 den Schneepflug spielen. Derweil Didier Défago (20.), die zeitgleichen Silvan Zurbriggen und Patrick Küng (beide 24.) sowie Ambrosi Hoffmann (26.) noch ein paar wenige Punkte sammelten, fiel Carlo Janka als 47. ausserhalb der Traktanden. Noch nie fuhr der Bündner in einem Kitzbüheler Speed-Rennen in die Top 10. Es gibt eben auch noch solche, die den Berg (noch?) nicht so mögen.
Reultate:
1. Didier Cuche (Sz) 1:13,28. 2. Romed Baumann (Ö) 0,24 zurück. 3. Klaus Kröll (Ö) 0,30. 4. Joachim Puchner (Ö) 0,36. 5. Johan Clarey (Fr) 0,40. 6. Beat Feuz (Sz) 0,45. 7. Andrej Sporn (Sln) 0,47. 8. Stephan Keppler (De) 0,48. 9. Adrien Théaux (Fr) 0,50. 10. Jan Hudec (Ka) 0,58.
Ferner: 17. Marc Gisin (Sz) 0,71. 20. Didier Défago (Sz) 0,91. 24. Silvan Zurbriggen (Sz), Patrick Küng (Sz) 1,13. 26. Ambrosi Hoffmann (Sz) 1,24. 47. Carlo Janka (Sz) 1,95. 52. Tobias Grünenfelder (Sz) 2,14. 54. Vitus Lüönd (Sz) 2,22.