Russin und Österreicher gewinnen Engadin-Skimarathon Sonntag, 12. März 2000 / 16:25 Uhr
S-chanf - Mit der Russin Julia Tschepalowa (24) in der neuen
Streckenrekordzeit von 1:28:19,8 Stunden und dem Österreicher
Gerhard Urain (1:25:29,6) haben zwei vielgenannte Favoriten die 32.
Auflage des Engadin Skimarathons über 42,2 Kilometer von Maloja
nach S-chanf für sich entschieden.
Si. Brigitte Albrecht (Lax VS) als
Zweite und Patrick Mächler (Siebnen SZ) als Vierter sorgten für die
besten Schweizer Platzierungen.
Tschepalowa, die 30-km-Olympiasiegerin von 1998, setzte sich mit
2:42,9 Minuten Vorsprung auf die Schweizer Vorjahressiegerin und
bisherige Streckenrekordhalterin Brigitte Albrecht durch. Die
Walliserin war im Vorjahr in 1:29:19,5 gestoppt worden. Damit war
die Russin 59,7 Sekunden schneller. Dritte wurde Maria Theurl (Ö).
Die bisher zweifache Engadiner-Siegerin büsste 3:07,8 Minuten auf
die Russin ein. Neben Albrecht hielten sich auf die übrigen
Schweizerinnen gut. Andrea Senteler (Klosters), die am Freitag
abend den Nachtsprint in Sils überraschend gewonnen hatte, wurde
Fünfte; Natascia Leonardi kam auf Rang 6.
Bei den Frauen lief das Rennen von Anfang an auf einen Dreikampf
zwischen Tschepalowa, Albrecht und Theurl heraus. In St. Moritz
setzte sich die Skating-Olympiasiegerin dann ab. «Ich versuchte
noch anzuhängen, aber sie war einfach eine Klasse besser»,
beschrieb Brigitte Albrecht die vorentscheidende Szene. Die Russin
forcierte in der Folge das Tempo ständig und lief Rekord. Albrecht
beschränkte sich auf das Halten des 2. Platzes. In Pontresina hatte
die Walliserin noch eine Schrecksekunde zu überstehen. Weil ihr ein
Stock zwischen die Beine geriet, stürzte sie wie im Vorjahr. Theurl
konnte davon aber nicht profitieren und musste die Schweizerin
ziehen lassen. Im Ziel brach Theurl -- als Folge einer eben erst
überstandenen Bronchitis -- noch kurz zusammen, erholte sich aber
rasch wieder.
Urain knapp voran
Urain (28), 1997 bereits einmal Fünfter im Engadin, gewann mit
nur 2,9 Sekunden Vorsprung auf den Südtiroler Norman Kostner. Der
drittplatzierte Franzose Vincent Vittoz verlor 3,8 Sekunden auf
Urain, der am letzten Sonntag zur siegreichen Österreicher Langlauf-
Staffel in Lahti gehört hatte. Den Streckenrekord seines
Landsmannes Christian Hoffmann (diesmal nur 26.) aus dem Jahr 1998
verpasste Urain um 1:43,0 Minuten. Der viertplatzierte Patrick
Mächler (Siebnen/Davos-Dorf) verlor lediglich 4,7 Sekunden auf den
Sieger. «Einerseits bin ich etwas enttäuscht, dass es nicht auf das
Podest reichte. Anderseits bin ich aber nach überstandener
Krankheit froh, dass ich ohne Probleme habe vorne mithalten
können», sagte der Schwyzer. Als nächstbester SSV-Kaderläufer kam
Beat Koch (Andermatt) auf den 21. Platz. 25. wurde Wilhelm
Aschwanden (Marbach), der sich wie Senteler am Freitag in Sils beim
Nachtsprint durchgesetzt hatte.
«Das Rennen war brutal hart», sagte Urain, der taktisch
geschickt 300 Meter vor dem Ziel zum Angriff blies und weg kam.
Zuvor hatte sich in St. Moritz eine 30-köpfige Spitzengruppe
gebildet, in der sich der 29-jährige Südtiroler Norman Kostner als
Tempomacher etablierte. «Es ist super hier zu gewinnen», sagte der
Schladminger Urain, der den Frühstart leicht verpasst hatte, aber
doch rasch zum «Schnellzug» zurückfand. Urain, der von Mitte
Dezember bis Ende Januar aus Krankheitsgründen nicht trainieren
konnte, will nun am nächsten Wochenende beim Weltcup-Final in
Bormio seine gute Form noch einmal unter Beweis stellen.
Olle und Nagejkina im FIS-Marathon-Cup
Den in diesem Winter neu ins Leben gerufenen FIS Marathon Cup
entschieden die Wasalauf-Sieger Raul Olle (Est) und Swetlana
Nagejkina (Russ) für sich. Im Engadin wurden sie 12. respektive
Vierte. Der Läuferpulk ging in Maloja neun Minuten zu früh auf die
Strecke, weil er nicht mehr zurück gehalten werden konnte. Der
Frühstart, der Zweite nach 1971, war unter anderem die Folge der
schwierigen Verhältnisse auf dem Silsersee (Wasser und Eis), und
weil die Startblöcke 400 m vorgezogen werden wollten. Die
Organisatoren hatten mit einem Grossaufwand den schliesslich 12 173
gestarteten Teilnehmern (13 210 angemeldet) eine einwandfreie
Strecke bieten können.
Der 32. Engadin Skimarathon wird als einer der Denkwürdigsten in
die Geschichte eingehen: Regen am letzten Mittwoch und Donnerstag,
hohe Temperaturen und der unter der schon starken Sonnen wie Butter
schmelzende Schnee, hatten die Organisatoren fast bist zuletzt um
eine korrekte Durchführung bangen lassen. Vor allem im Startgelände
auf dem Silsersee herrschten am Sonntag morgen im Bereich der
hinteren Startblöcke garstige Verhältnisse mit knöcheltiefem
Wasser. Selbst der Grosseinsatz mit 15 Maschinen und
Schneetransportern sowie Helikoptern nützte nichts mehr.
Bundespräsident Ogi strahlte
Für die Elite herrschten sehr schnelle Verhältnisse. Die
Volksläufer aber hatten unter der herrschenden Wärme schon mehr zu
leiden. Trotzdem strahlten praktisch alle. Zu ihnen gehörte auch
Bundespräsident Adolf Ogi, der seine Zielsetzung -- «ich will unter
zweieinhalb Stunden ins Ziel kommen» -- mit 2:17:21 Stunden und
Gesamtrang 3480 deutlich erfüllte. Dies trotz nur 250 Kilometer
Langlauf-Training in diesem Jahr.
(ba/sda)
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