Schweizer Skiasse sind optimistisch für die neue Saison Montag, 13. November 2000 / 18:45 Uhr
Einer misslungenen Hauptprobe folgt eine erfolgreiche
Premiere: Gilt das Sprichtwort auch für die Schweizer Alpinen,
dürfen sie dem Weltcup- und WM-Winter 2000/2001 getrost entgegen
blicken. Die optimistischen Prognosen von Verbandsführung und
Trainern, die bei den Weltmeisterschaften in St. Anton gleich sechs
Medaillen vorsehen, müssen allerdings mit einem grossen Fragzeichen
versehen werden.
Si. Im letzten Winter feierten die Österreicher 39 Erfolge und
gewannen so praktisch jedes zweite Weltcuprennen, während die
Schweiz nur siebenmal siegte; bei den Männern Didier Plaschy
zweimal im Slalom, bei den Frauen Sonja Nef dreimal im
Riesenslalom, Corinne Rey-Bellet und Corinne Imlig in der Abfahrt
je einmal.
Bis zu den Weltmeisterschaften in St. Anton (29. Januar -
10. Februar) werden 53 Weltcuprennen ausgetragen, was rund zwei
Dritteln des saisonalen Pensums entspricht. Der eigentliche
Saisonauftakt erfolgt einmal mehr in Park City, Utah (USA). Für die
Schweizer Techniker(innen) bietet sich ab Donnerstag nach dem
durchzogenen Gletscher-Prolog in Sölden, in dem nur Michael von
Grünigen als Vierter und Didier Cuche mit Rang 7 genügten, die
Gelegenheit zur Wiedergutmachung. Im eine Autostunde von Salt Lake
City gelegenen Skiresort, in dem 2002 die Olympiasieger in den
technischen Wettbewerben ermittelt werden, stehen für die Männer
und Frauen bis Sonntag je ein Riesenslalom und ein Slalom im
Programm. Die Speed-Spezialisten müssen sich noch eine Woche länger
gedulden. Die Männer bestreiten dannzumal in Lake Louise in der
kanadischen Provinz Alberta eine Abfahrt und einen Super-G, die
Frauen in Aspen, Colorado, einen Super-G.
Erneut ein Quintett -- oder mehr?
Mit von Grünigen, Cuche, dem letztjährigen zweifachen Slalom-
Sieger Didier Plaschy, Sonja Nef und Corinne Rey-Bellet sind die
grössten Schweizer Hoffnungsträger die gleichen geblieben.
Allerdings darf davon ausgegangen werden, dass dieses Quintett den
Erwartungsdruck auf weitere Schultern verteilen kann. Bruno Kernen
will nach zahlreichen sportlichen und gesundheitlichen Tiefschlägen
endlich wieder zu jener Stärke zurückfinden, die ihm vor bald fünf
Jahren den Abfahrts-Doppelsieg in Veysonnaz und 1997 den WM-Titel
eingebracht hatte.
Nicht nach Übersee gereist ist Markus Herrmann. Der Berner
Oberländer, der wegen einer Meniskus-Verletzung schon die gesamte
letzte Saison ausgefallen war, musste sich einer Arthroskopie
unterziehen, nachdem er im Training wieder Schmerzen verspürt
hatte. Gleich die gesamte Saison wird Jürg Grünenfelder pausieren
müssen. Der Elmer zog sich bei einem Sturz im Sommertraining in Las
Leñas (Arg) einen Bruch der linken Kniescheibe und
Knorpelverletzungen am Knie zu. Der nach einer ersten Operation
nicht vollständig verheilte Knorpel musste im Oktober operativ
entfernt werden.
Im Riesenslalom und Super-G versucht der 23-jährige Didier
Defago nach mehreren Top-ten-Platzierungen in der vergangenen
Saison den letzten Schritt an die Spitze zu vollziehen, und im
Slalom will neben von Grünigen auch Marco Casanova den verpatzten
Vorwinter vergessen zu machen. Cheftrainer Dieter Bartsch glaubt
daran, dass seine Fahrer im Vergleich zur letzten Saison zu einer
Steigerung im Stande sind: «Nicht nur wir Trainer, auch die
Athleten selbst erwarten in diesem Winter mehr. Das ist wichtig.
Deshalb bin ich überzeugt, dass es funktioniert. Wir sind stärker
geworden und glaube daran, dass wir heuer um die Siege mitfighten
werden.»
Karin Roten Meier gelang das Comeback in Sölden mit Platz 33
nach einjähriger Babypause zwar nicht wunschgemäss. Dass die
Walliserin aber vorab im Slalom neben Sonja Nef wieder zur festen
Schweizer Grösse werden kann, daran zweifelt kaum jemand. Corinne
Rey-Bellet darf in dem im letzten Winter vom Verletzungspech
verfolgten Abfahrts-/Super-G-Team primär von Sylviane Berthod
«Entlastung» erhoffen. Neben der früheren Junioren-Weltmeisterin,
die sich von einem Kreuzbandriss erholt hat, ist auch Corinne Imlig
wieder einsatzfähig. Die Schwyzerin, im März sensationelle
Abfahrtssiegerin auf der Lenzerheide, hatte als Folgen ihres
Sturzes in der Schweizer Meisterschaftsabfahrt auf der Fiescheralp
unter anderem eine Halswirbelstauchung und eine
Knochenabsplitterung am Sprunggelenk auszukurieren.
Wieder fit sind auch Nadia Styger und Monika Dumermuth, die im
letzten Jahr wegen schweren Knieverletzungen längere Zeit hatten
pausieren müssen. Auf gutem Weg ist ausserdem Catherine Borghi nach
ihrem im Januar 1999 in Cortina erlittenen Schien- und
Wadenbeinbruch. Möglich, dass die Waadtländerin in Aspen ihre
Comeback geben wird. «In der Vorbereitung sind wir von grösseren
Blessuren verschont geblieben. Ich hoffe, dass dies auch im
kommenden Winter so bleiben wird», sagt Cheftrainer Hans Pieren.
Nur ein Trainer-Wechsel
Ähnlich unverändert wie bei den Fahrern ist die Situation im
Trainerstab der Schweizer Weltcup-Teams. Mit Ausnahme von Osi
Inglin, der als Chef der Männer-Kombi-Gruppe den aus familiären
Gründen zurückgetretenen Louis Monney abgelöst hat, sind alle
Posten gleich besetzt. Inglin, vor zwei Jahren Trainerassistent der
Weltcup-Technikerinnen, hatte zuletzt im Europacup die Techniker
betreut.
(ba/sda)
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