Sonja Nef ist die Königin der Nacht im Skiweltcup Donnerstag, 17. Februar 2000 / 22:55 Uhr
Are (Sd) - Sonja Nef fühlt sich bei Flutlicht weiterhin pudelwohl. Die
Appenzellerin gewann den Nacht-Riesenslalom in Are (Sd) überlegen
mit 1,01 Sekunden Vorsprung vor Österreichs «alter Dame» Anita
Wachter und feierte unter Scheinwerfern ihren zweiten Weltcup-Sieg.
Corinne Rey-Bellet belegte Platz 16.
Si. «Ich bin halt ein Nachtvogel», meinte eine überglückliche Sonja
Nef scherzhaft. Dies mit gutem Grund. Schliesslich hatte sie auch
ihren ersten von nunmehr drei Weltcup-Siegen, im Januar 1996 im
Slalom von Sestriere, bei künstlichem Licht errungen. Zum Strahlen
hatte die 27-Jährige aus Grub doppelten Grund. Weil Michaela
Dorfmeister, die Führende im Disziplinen-Klassement, im ersten Lauf
nach einem Innenskifehler ausgeschieden war, hielt sich Sonja Nef
ihre minime Chance auf den Gewinn der kleinen Kristall-Kugel
aufrecht.
Wahrscheinlich nur noch ein «Riesen»
Allerdings wird der Ende Januar in Zwiesel (De) abgesagte
Riesenslalom mit allergrösster Wahrscheinlichkeit nicht mehr
nachgeholt, so dass nur noch die Prüfung beim Finale in Bormio
verbleibt. Michaela Dorfmeister führt nunmehr mit 78 Punkten vor
Sonja Nef, womit der Niederösterreicherin im Veltlin bereits ein
12. Platz reichen würde. Die mit neuem Ski und neuer Bindungsplatte
angetretene Schweizerin gab sich denn auch nicht allzu grossen
Illusionen hin: «Ich müsste in Bormio nochmals alles Glück dieser
Erde haben und 'Michi' gleichzeitig neuerlich grosses Pech, dass es
für mich noch aufgehen könnte.»
Vollends aufgegangen ist gestern Abend die Taktik. «Ich hatte
mir vor dem zweiten Lauf vorgenommen, ruhig zu bleiben und trotzdem
noch einmal aggressiv zu fahren», schilderte Sonja Nef als Führende
des ersten Durchgangs, den sie mit einer halben Sekunde Vorsprung
vor der (auf den 8. Schlussrang zurückgefallenen) Italienerin Silke
Bachmann für sich entschieden hatte, ihren «Schlachtplan». Zu
Beginn des zweiten Laufes sah es indessen noch nicht so aus; bis
zur Zwischenzeit hatten sich die sechs Zehntel Vorsprung auf Anita
Wachter in sechs Hundertstel Rückstand gewandelt. «Anschliessend
ist es mir dann super gelaufen», stellte Sonja Nef zu Recht fest.
Dass ihr die Piste in Are besonders behagt, hatte die
Ostschweizerin schon in den Vorjahren bewiesen, als sie Zweite,
Dritte, Vierte und Siebte geworden war. Bestzeit im ersten Lauf
eines Weltcup-Riesenslaloms war sie zum insgesamt vierten Mal
gefahren. Unter anderem war ihr dies auch Ende Oktober beim
Gletscher-Opening in Tignes gelungen, als sie ihren ersten «Riesen»-
Sieg eingeheimst hatte.
Hinter Anita Wachter, mit zwei Siegen (1995 und 1999) sowie je
einem 2. und 3. Platz wie Sonja Nef eine «Are-Spezalistin», sorgte
deren Teamgefährtin Brigitte Obermoser für die Überraschung des
Rennens. Die 23-Jährige aus Altenmarkt sicherte sich damit ihren
ersten Weltcup-Podestplatz. Im Riesenslalom war sie bisher noch nie
über den 8. Platz hinaus gekommen.
Aufwärtstrend dank alten Schuhen
Corinne Rey-Bellet, die in den letzten Riesenslaloms bös unten
durch musste und unter anderem sogar dreimal einen Platz unter den
ersten 30 verpasst hatte, fiel nach dem 12. Zwischenrang zwar noch
leicht zurück, lieferte aber gleichwohl ihr bestes Ergebnis seit
Anfang Dezember (10. Rang in Val d'Isère) ab. Mit ein Grund für den
neuerlichen Aufschwung war ein Schuhwechsel; die Walliserin fährt
nun wieder ihr altes, eine Nummer grösseres Modell.
Die weiteren Fahrerinnen des Schweizer Quartetts verpassten die
Final-Teilnahme. Die Schwyzerin Ruth Kündig (31.), die dieses Ziel
bei ihren bisherigen fünf Starts jeweils klar verfehlt hatte,
scheiterte diesmal um acht Hundertstel. Lilian Kummer dagegen
musste nach zuletzt aufsteigender Tendenz und den Rängen 22 und 15
wieder einen Rückschlag hinnehmen. Mit 5,65 Sekunden Rückstand auf
Sonja Nef kam die Walliserin nicht über den 44. Platz hinaus.
Renate Götschl neue Gesamtleaderin
Grössere Auswirkungen als auf die Disziplinen-Wertung hatte
Michaela Dorfmeisters Ausscheiden auf das Gesamtklassement: Ihr
erster «Saisonnuller» im Riesenslalom machte Renate Götschl zur
neuen Leaderin. Die Abfahrts-Weltmeisterin liess sich für ihren 6.
Platz 40 Punkte gutschreiben und liegt nun sechs Zähler vor ihrer
Teamkollegin. Renate Götschl nahm den Wechsel allerdings gelassen:
«Es sind noch zu viele Rennen, als an den Gesamtsieg zu denken. Ich
nehme weiterhin eine Aufgabe nach der anderen.»
(ba/sda)
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