Zuviel Wind: Skiflug-WM wurde zum Kasper(l)-Theater Sonntag, 13. Februar 2000 / 17:40 Uhr
Vikersund - Die Skiflug-WM im norwegischen Vikersund sind zum "Kaer(l)-Theater verkommen. Der Schweizer FIS-Präsident Gian-Franco Kasper und sein Notfall-Kommitee gaben bekannt, dass die WM um einen Tag bis Montag verlängert wird. Wegen heftigen Windböen war auch heute kein regulärer Wettkampf möglich.
Wegen zu starken Windes und weiteren Problemen konnte an der
Skiflug-WM in Vikersund (No) auch am Sonntag kein kompletter
Durchgang durchgeführt werden. Nachdem die Jury den Wettkampf
abgesagt hatte, entschied das «Emergency Committee» mit dem
Schweizer FIS-Präsidenten Gian-Franco Kasper an der Spitze, dass
die WM bis heute Montag verlängert wird. Der erste Umgang mit 50
Springern soll um 9.30 Uhr gestartet werden.
Nachdem die Jury bereits am Samstag nach mehreren Unterbrüchen
den Wettkampf hatte abbrechen müssen, war den Wettkampf-
Verantwortlichen 24 Stunden später erneut kein Glück vergönnt. Das
Fliegen hatte zwar einigermassen regulär begonnen, obwohl mit der
Startnummer 12, dem Koreaner Choi Heung-Chul, bereits ein Athlet
stürzte, ohne sich allerdings zu verletzen. Das Unheil der
Verzögerungen und Diskussionen bahnte sich erst nach einem Flug von
214,5 m von Sven Hannawald an. Der Deutsche (Startnummer 43) konnte
den weiten Satz nicht stehen. Weil die Juryweite um über 7 Meter
übertroffen worden war, musste der Anlauf um zwei Gates verkürzt
werden.
Auch Sturz von Soininen
Drei Nummern später stürzte dann Olympiasieger Jani Soininen,
weil beim Absprung die Spur ausgeschlagen war. Die Jury machte
Gebrauch vom Reglement und erklärte den ersten Durchgang zur
Qualifikation. So waren die besten 13 des Weltcups und die 17
besten der Qualifikation für einen Durchgang mit 30 Springern
qualifiziert, der 45 Minuten später gestartet wurde, weil in dieser
relativ windstillen Zeit die Spur repariert werden musste.
Bis Goldberger ging alles gut
Nach lange dauernden Verzögerungen wegen Dataproblemen und
Missverständnissen wegen falscher Startnummern ging bis zu Andreas
Goldberger (Startnummer 27) auch alles gut. Dann sorgten Windböen
mit einer Stärke bis zu 7 Metern pro Sekunde dafür, dass der
Skiflug-Weltmeister von 1996 wieder vom Balken musste. Mit ihm
zogen dann auch die letzten drei Springer -- Janne Ahonen, Andreas
Widhölzl und Martin Schmitt -- wieder ab. Nachdem sich rund
anderthalb Stunden später die Bedingungen nicht verbessert hatten
und die Wetterprognose innert nützlicher Frist keine Besserung
versprach, blieb der Jury nichts anderes übrig als die Absage und
schliesslich die Verschiebung.
«Kein unseriöses Angebot»
Vor dem Jury-Entscheid hatte sich der FIS-Renndirektor Walter
Hofer mit Goldberger, Ahonen, Widhölzl und Schmitt hinter
verschlossener Türe unterhalten. «Ich habe sie gebeten, sie sollten
sich um 15 Uhr oben am Turm bereithalten, damit sie um 15.15 Uhr
hätten springen können. Sie behielten sich aber die Möglichkeit
vor, auch nicht zu springen», sagte Hofer, der Gerüchte
dementierte, wonach er laut einem TV-Interview des deutschen
Trainers Reinhard Hess den Springern ein «unseriöses Angebot»
gemacht haben solle. Er soll das Quartett angeblich zu einem
Startverzicht aufgefordert haben. So hätte dann ein Weltmeister
gekürt werden können, weil die vier als «nicht gestartet» gewertet
worden wären. Vor diesen vier Springern führte Sven Hannawald vor
Hideharu Miyahira (Jap) und Tommy Ingebrigtsen (No).
Nur Steinauer genügte
Von den drei Schweizer Springern hatte vor dem Abbruch nur Marco
Steinauer genügt. Er überstand mit einem Flug auf 155,5 m die
Qualifikation und konnte als einziger im 30er-Feld noch einmal
antreten.
Glück im Unglück hatte am Samstag der Russe Artur Chamidullin
bei seinem Sturz kurz nach dem Schanzentisch. Beim Hinunterrollen,
während dem er wahrscheinlich für kurze Zeit bewusstlos war, zog er
sich lediglich eine leichte Hirnerschütterung und Kratzspuren im
Gesicht zu. Eine Untersuchung im Kreisspital in Drammen förderte
keine Brüche zu Tage. Auch ein Computer-Tomogramm des Gehirns
zeigte einen normalen Befund. Chamidullin wurde am Sonntag aus dem
Spital entlassen. «Einzig die Kratzspuren im Gesicht erinnern noch
an seinen Sturz. Sonst ist alles wieder normal», sagte dazu der
norwegische Arzt Ingard Lereim.
Das neue Programm der Skiflug-WM. Montag, 14. Februar: 9.30 Uhr
1. Durchgang (50 Teilnehmer) anschliessend zwei Durchgänge mit je
30 Springern (jeweils mit umgekehrter Startreihenfolge).
(ba/sda)
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